Abwarten und Tee trinken

Besser gesagt Himbeerblättertee mit Datteln. Das Geheimrezept für eine entspannte Geburt? Ich habe mir jedenfalls vor ein paar Wochen 1 kg Datteln gekauft und mit Ende der 37. SSW begann ich jeweils eine Tasse Himbeerblättertee zu trinken und sechs Datteln am Tag zu essen. Eine nette kleine Bereicherung, da ich das süße Brot aus der Wüste wirklich sehr gerne mag. Ein willkommenes Dessert nach einer schmackhaften Mahlzeit oder einfach zwischendurch zum Naschen. Und wenn es nicht helfen sollte, hatte ich eine süße Zeit damit.

Beckenendlage

In der 36. SSW stand nochmal ein Ultraschall an, um zu sehen, wie das Kleine mittlerweile gewachsen ist und wo das Köpfchen ist. Als die Ärztin auf den Monitor schaute, meinte sie, wir hätten immer noch einen kleinen Buddha im Bauch. Schneidersitz und Kopf nach oben. Beckenendlage. So habe ich mir das nicht vorgestellt. Im weiteren Umkreis gab es kein Krankenhaus, das eine natürliche Geburt bei Beckenendlage bei Erstgebärenden durchführt. Die Ärztin sprach bereits von einem geplanten Kaiserschnitt 14 Tage vor ET und ich hoffte jede Nacht, dass sich das Kleine noch drehen wird. Und sagt man nicht im Buddhismus, dass alles vergänglich sei?

Also weiter warten und hoffen, dass unser kleiner Buddha sich noch drehen wird.

In der 38. SSW war ich wieder bei der Frauenärztin, um mir neben dem wöchentlichen CTG eine Überweisung zur Geburtsplanung geben zu lassen. Beim Tasten sagte sie nur, dass es sich noch nicht gedreht zu haben schien, denn das Harte da oben an meinen Rippen ist wahrscheinlich der Kopf. Um sicher zu gehen machte sie kurz einen Ultraschall. „Der Kopf liegt doch unten. Dann sind das da oben wohl Ihre Bauchmuskeln.“ Ach wie schön, dann kann ich jetzt ja weiter Tee trinken und Datteln essen!

Hochschwanger schwimmen

In meiner 39. SSW wurde der Badesee saisonal geschlossen, was ich sehr schade fand. Es war morgens immer so schön leer und idyllisch hier draußen, umgeben von Wald und Bergen. Ins Schwimmbad ausweichen möchte ich nicht, zum einen bin ich kein Fan von Schwimmbädern (zu voll und zu warm) und zum anderen vertrage ich Chlor nicht so gut. Aber ich habe die letzten Wochen im Wasser sehr genossen, die Schwerelosigkeit, die Beweglichkeit und die Abkühlung an heißen Sommertagen. Meine Frauenärztin hat sich nach der 35. Woche kein Bild von meinem Muttermund gemacht und laut ihrer Aussage ist das am Ende sowieso nicht mehr wichtig. Da ja oftmals die Frage danach kommt, ob man bis zum Ende schwimmen kann: Ja!

Wichtig ist nur, dass ihr danach schnell aus der nassen Badehose rauskommt, euch gut abtrocknet und aufwärmt. Der Badesee hatte zwischen 17 und 19 Grad, und ich hatte nie Probleme mit Infektionen. Frauen, die zu Blasenentzündungen neigen sollten natürlich noch ein bisschen mehr aufpassen und vielleicht vorher ihre Frauenärztin fragen, ob sie prophylaktisch zum Beispiel das Areal mit Vaseline eincremen können und nach dem kühlen Nass eine aufbauende Creme mit Milchsäurebakterien oder ähnliches benutzen dürfen.

Was tun im Mutterschutz

Glücklicherweise ist es jetzt im September nicht mehr ganz so heiß. Langweilig wird es mir ohne mein Schwimmen trotzdem nicht. In meinem Kopf schwirren so viele Dinge und Ideen rum, die werde ich auch bis zum Ende meines Lebens nicht mehr schaffen. Viele Frauen nutzen diese Zeit auch dafür, noch letzte Dinge für das Baby zu besorgen. Wir sind soweit ganz gut ausgestattet und ich habe eigentlich die ersten 4 Wochen meines Mutterschutzes damit verbracht meinen Fernlehrgang abzuschließen. Aber in den letzten Wochen bis zur Geburt nehme ich mir vor, noch ein wenig zu schreiben, mit Freunden zu telefonieren, spazieren zu gehen, geburtsvorbereitendes Yoga auszuprobieren, zu singen oder einfach mal im Bett liegen zu bleiben und ein gutes Buch zu lesen. Ohne Zeitdruck. Wer weiß, wann dieses Gefühl wieder kommen wird?

Kleines Baby und die Angst vor einer Einleitung

In der 39. SSW war ich wieder bei meiner Frauenärztin, die das Kleine diesmal auch ausgemessen hat. Knapp 2900 Gramm, ein Fliegengewicht. Sehr begeistert war sie nicht, da die Ärztin bei der Geburtsplanung im Krankenhaus fast das gleiche Gewicht schätzte. Unser Kleines hat also in den letzten 2 Wochen nur knapp 100 Gramm zugenommen, wenn man den Schätzungen vertrauen kann. Also musste ich am nächsten Tag ins Krankenhaus, mit Verdacht auf SGA (small for gestational age). Ich machte mir große Sorgen, dass es unserem Baby nicht gut geht und es nicht mehr ausreichend versorgt wird. Und ich machte mir auch Sorgen, dass ich eingeleitet werden muss, obwohl mein Körper und mein Herz noch gar nicht bereit dafür waren. Im Krankenhaus angekommen war ich sehr nervös. Zuerst wurde ein CTG gemacht und dann gings rein zur Ärztin für den Dopplerultraschall. An diesem Tag durfte mein Mann das erste Mal mit dabei sein. Wir haben das kleine Herzchen gemeinsam schlagen gesehen, sowie die Versorgung durch die Nabelschnur und die Plazenta. Alles sah gut aus! Unser Baby ist einfach nur ein zartes Wesen! Mit Erleichterung verließen wir das Krankenhaus.

Warten auf den großen Tag

Am Mittwoch, in der 40. SSW, war ich ein letztes Mal bei meiner Frauenärztin. Das CTG sah top aus, keine einzige Wehe, nix los. Ab Sonntag muss ich alle zwei Tage im Krankenhaus erscheinen. Wir hoffen nun, dass unser kleines Wunderwesen bald das Licht der Welt erblickt.

Bis dahin bleibt uns wohl nur abwarten und Tee trinken…

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Was wird es denn? – Der 8. Monat

„Ein hoffentlich gesundes Baby!“ hätte ich mal antworten sollen. Aber wie es manchmal so ist, fallen einem die kreativsten Antworten immer erst danach ein. Also wiederholte ich das, was ich gefühlt bereits tausend Mal von mir gegeben habe „Es wird ein Überraschungskind.“ Ganz unkreativ ist das auch nicht, aber die darauf folgenden Blicke sind echt Gold wert.

„Wirklich?! Also ich könnte das nicht! Wie machst du das?“

Das ist vollkommen ok, ich finde es grundsätzlich auch sehr bereichernd, wenn mein Gegenüber nicht immer die gleiche Meinung hat. Sofern das Gegenüber meine andere Meinung auch respektiert. Doch kaum werde ich gefragt und gebe nicht die gewünschte Antwort kommt in 80 Prozent der Fälle direkt die Info, wie es eigentlich sein sollte oder warum der oder die Andere das auf gar keinen Fall so machen würde. Tatsächlich habe ich bereits ein paar Damen getroffen, die sich durch meinen Wunsch, es nicht wissen zu wollen, angegriffen fühlten. Kennt ihr das auch?

In der Schwangerschaft wird’s einem echt nicht langweilig. Nicht, dass das Leben sowieso schon mit genug Herausforderungen auftrumpft, aber aktuell lebe ich scheinbar ein Doppelleben. Alle können es sehen und wollen daran teilhaben und wissen ganz genau, was ich nun mit diesem – noch nicht in dieser Welt befindlichen – kleinen Wesen machen soll.

Das kleine Wesen zappelt übrigens ordentlich in meinem Bauch herum. In diesem Monat hatten wir unser erstes CTG. Zunächst fand ich es ganz spannend, aber dann wurde es ziemlich langatmig. Bisher geht es meinem kleinen Würmchen da drinnen sehr gut und es entwickelt sich prima. Und so langsam geht es in Richtung Endspurt. Werde ich tatsächlich in nur 4-6 Wochen mein Baby in den Händen halten?

Von Fragen und Zweifeln im 7. Monat

Wahrscheinlich ist das die Ironie des Lebens. Im 7. Monat angekommen wird nun auch die Schwangerschaft für Andere sichtbar. Ständig werde ich von Familie, Freunden und Kollegen gefragt, wann es soweit ist und ob ich noch etwas brauche. Alle (die Anderen) sind so glücklich und freuen sich für uns. Und ich?

27. SSW – der Bauch wächst, die Zweifel auch

Ich bin immer noch verhalten. Ich habe das Gefühl, dass die Schwangerschaft und das Baby für Außenstehende realer ist, als für mich, die werdende Mama. Und überhaupt, auch der werdende Papa ist noch nicht auf der Realitätsschiene angelangt. Wann wird es wirklich real? Ich fühle mein Baby jeden Tag, der Bauch wächst und die Schwangerschaft verläuft gut. Wann wird es endlich real? Vielleicht erst dann, wenn ich es sehen, fühlen, riechen… kann? Werde ich in ca. 14 Wochen wirklich so ein kleines Wesen in meinen Händen halten dürfen? Werde ich glücklich sein?

Während mir diese Gedanken in unserem Urlaub durch den Kopf schwirren, strampelt das Kleine ordentlich in meinem Bauch hin und her. In den letzten drei Nächten hat es mich sehr zuverlässig mit liebevoll kraftvollen Tritten geweckt. Als wollte es sagen: Hier bin ich!

Unser Urlaub war wunderschön. Wir haben das schwülwarme Wetter hinter uns gelassen und hatten bezaubernde 15 Grad und viel Nebel. Perfekt zum Wandern. Jeden Tag sind wir gelaufen, meist 2 Stunden. An einem Tag sogar 4. Ich bin so froh, dass wir die Zeit genutzt haben. Irgendwann, so dachte ich, wird die Schwangerschaft beschwerlicher und wer weiß, ob so eine Wanderung in dieser Form so schnell wieder möglich ist.

Der nächste Termin beim Frauenarzt war etwas anstrengend. Der kleine Zuckertest stand an. Das heißt eine Tasse Glucose-Lösung trinken, eine Stunde warten und dann zum Blutabnehmen. Meine Frauenärztin war diesmal nicht da, dafür machte die Oberärztin aus dem Krankenhaus nebenan die Vertretung. Ich erzählte ihr, dass ich hin und wieder bereits einen harten Bauch verspüre (vielleicht waren wir doch etwas zu viel wandern). Sie schallte den Cervix und schaute ganz kurz auf das Kleine. Heraus kam, dass alles in Ordnung ist. Mein Muttermund war volle 5cm lang, das Kleine gesund und die Fruchtwassermenge sah gut aus. Ich soll nicht übertreiben. Alles klar, der Urlaub war morgen sowieso vorbei. Dann sind es noch 8 Wochen bis zum Mutterschutz und bis dahin werde ich mich mit langsamen Spaziergängen (sofern das hier in den Bergen möglich ist) fit halten.

Nach dem Urlaub habe ich meine Zweifel überwunden und ein Beistellbett für das Kleine bestellt.

Der Untersuchungsmarathon im 6. Monat

Leicht nervös begann ich diesen Tag im Homeoffice. Etwas traurig darüber, dass ich keinen Urlaub bekommen habe, versuchte ich das Beste aus diesem Tag zu machen. Der Termin war in einer 40 Minuten entfernten Klinik und ich war so froh, dass mein Mann mich begleiten würde. Diese prognostizierte Zyste im Schädel unseres Babys ging mir nicht mehr aus dem Kopf.

Irgendwann gegen mittags machten wir uns auf den Weg, um rechtzeitig da zu sein. Aufgrund der aktuellen Corona-Auflagen durfte mein Mann (wieder) nicht mit rein und auch ich wusste nicht, wie lange ich warten müsste. Schließlich fand die Untersuchung in einem Krankenhaus statt. Wir kamen natürlich viel zu früh dort an und es regnete in Strömen. So drehten wir draußen mit Regenschirm noch eine kleine Runde um den riesigen Parkplatz. Und irgendwann ging ich mit Maske rein zur Anmeldung.

Drinnen war ich nicht alleine. Zwei weitere Schwangere saßen mit großem Abstand auf den nicht gesperrten Stühlen. Irgendwie war es ein trauriger Anblick, alle mit Maske in diesem schwülwarmen Wartezimmer zu sehen. Nach einer gefühlten Ewigkeit wurde mein Name aufgerufen. Ich war mittelmäßig aufgeregt.

Die Ärztin klärte mich zunächst auf, dass sie nicht alles sehen kann und dass sich auch bei einer Untersuchung ohne Befund im weiteren Verlauf der Schwangerschaft Fehlbildungen oder andere genetische Defekte nicht hundertprozentig ausschließen lassen. Ich kann mir gut vorstellen, dass einige (werdende) Eltern nach einer späteren niederschmetternden Diagnose sagen könnten „Warum, bei der Feindiagnostik war doch alles in Ordnung? Die Ärztin hat nichts gesehen.“ Manchmal ist es einfacher irgendjemanden die Schuld geben zu können (sich selber oder einen Außenstehenden) als sich wehrlos und hilflos der Natur ausgesetzt zu fühlen. Die Belehrung war zwar sehr sachlich kühl, klärte jedoch alle Zweifel auf und, mit meinem Verlust im letzten Jahr, ging ich diesmal ebenso bewusster an diese Schwangerschaft heran.

Die Ärztin hatte es sehr schwer mein Kleines auf dem Bildschirm sichtbar zu machen. Zum Einen lag es quer und zum Anderen tanzte es wild vor sich hin, direkt nachdem ich mich auf die Liege bequemte. Auch die Worte der Ärztin, es solle bitte stillhalten, beeindruckte es nicht im Geringsten. Es folgten mehrere Verfolgungsjagden auf Herz, Blase, Niere, Magen, Zwerchfell, Milz und die Extremitäten. Bis zuletzt wollte das Kleine sein Gesicht nicht zeigen, einmal kurz konnte die Ärztin jedoch dessen Profil ausfindig machen.

Zum Schluss ging es um die Vermessung des Kopfes und die Untersuchung der Zyste. Sie suchte und suchte und suchte und sagte schließlich, dass sie keine Zyste finden kann. Wirklich? Es sei wahrscheinlich nur eine knöcherne Struktur gewesen, die die Frauenärztin gesehen hat. Dann druckte sie mir noch das Bild vom Profil aus, das ich draußen angekommen dem werdenden, wartenden Papa in die Hand drückte. Was für eine Erleichterung!

Spontanaufnahme bei der Feindiagnostik

Nur zwei Wochen später war ich dann wieder beim Frauenarzt. Wollte ich anfangs am besten jede Woche hinfahren, bin ich nun doch froh, dass der nächste Termin erst wieder in 4 Wochen ansteht.

5. Monat – Von den ersten Bewegungen

Eine kleine Weile ist es her und doch rast die Zeit. Wir fragen uns nun immer öfter, wann das eigentliche Elternsein beginnt. Wenn das Kleine da ist oder bereits vorher, da es doch jetzt schon einen großen Teil unserer Gedanken, Hoffnungen und Sorgen ausmacht. So scheint es zu sein, das Elternsein.

Und irgendwann kommt der Moment, an dem du denkst, dass das nicht der Darm sein kann. Irgendwann liegst du vielleicht entspannt oder müde in deinem Bett und schließt deine Augen oder schmökerst in einem Buch. Und plötzlich fühlst du da unten einen kleinen Stupser. Irgendwas da unten, das normalerweise nicht dazugehört. So früh?

Diese zarten Bewegungen entspannten mich. Die zwei Wochen bis zur nächsten Vorsorgeuntersuchung waren nun gar nicht mehr so lang, wie sie sich vorher anfühlten. Ich liebe diese kleine, winzige Besonderheit.

Eine Woche später bekam ich Krämpfe, die sich wie starke Menstruationsschmerzen anfühlten. Sicherheitshalber fragte ich meine Hebamme, ob ich schon eher zum Arzt gehen soll. Sie war sich unsicher, aber da ich mich in der 18. SSW befand und der Arzttermin in 5 Tagen sein würde, haben wir gemeinsam beschlossen, dass ich in den nächsten Tagen etwas mehr Magnesium nehme und es ruhiger angehen lasse, sollten nicht noch weitere Symptome wie Blutungen oder ein harter Bauch hinzukommen. „Die Gebärmutter vergrößert sich und die Mutterbänder geben Vollgas.“ sagte sie. Vom Wachstum war zumindest von außen noch nichts zu erkennen, aber das kann an den Bauchmuskeln liegen. Sieben Jahre Krafttraining und – trotz einer langen Pause wegen Nova und Unsicherheiten – stundenlange Radtouren scheinen den Uterus noch ordentlich zu halten. Zumindest für eine Weile. Ich beschließe bald mit Yoga anzufangen, insbesondere wegen der bewussten Atmung. Eigentlich mag ich eher schnelle Bewegungen und Cardio, aber es ist wahrscheinlich gar nicht mal so schlecht sich daran zu gewöhnen, dass die Welt etwas langsamer laufen wird. Vor allem im letzten Trimester.

In der 19. SSW stand dann die große Vorsorgeuntersuchung an. Von Kopf bis Fuß wurde das Kleine buchstäblich durchleuchtet. Alle Organe vorhanden, Hinterwandplazenta (Anmerkung der Ärztin: Sie merken bestimmt schon was, oder?), Größe sowie Fruchtwasser im grünen Bereich und eine Cervix-Länge von 5 cm. Wow, mein Baby kommt da so schnell nicht raus. Währenddessen wirbelte es durch die Gebärmutter und die Ärztin versuchte mit ihrem Schallkopf den jeweiligen Organen hinterherzujagen. Die Krämpfe waren tatsächlich nur Wachstumsschmerzen, was war ich erleichtert!

Am Ende der Untersuchung, als es um die Größe des Kopfes ging, verstummte die Ärztin für einige Sekunden und schallte und schallte und schallte immer wieder an der gleichen Stelle. „Das sieht aus wie eine Zyste. Ich mach davon gleich mal einen Ausdruck, damit die Ärztin in der Feindiagnostik auch ein Auge darauf werfen kann. So etwas kommt häufiger vor und manchmal verschwindet so eine Zyste nach einer Zeit von alleine wieder.“

Damit wurde ich dann in meinen Arbeitstag entlassen. So richtig freuen konnte ich mich nicht mehr. Schließlich war im Kopf meines kleinen Bauchbewohners ein ca. 1 cm großes, mit Flüssigkeit gefülltes Etwas. Nach einigem recherchieren im Internet könnte es alles sein und so blieb nur noch das Warten bis zum Termin bei der Feindiagnostikerin.

Zwei Wochen bis zum Termin, eigentlich gar nicht so lang mit all den mittlerweile gar nicht mehr so zarten Bewegungen, fühlten sich jetzt wie eine Ewigkeit an.

Im vierten Monat

In der letzten Woche vor dem nächsten Termin war mir heiß und kalt vor Aufregung. Gedanken rasten in einem irren Tempo durch meinen Kopf und ich versuchte meine Unsicherheit zu akzeptieren. All diese Schwangerschaftssymptome konnten mir bei meinen Zweifeln nicht helfen.

So langsam zeichnete sich eine leichte Wölbung ab und ich fragte mich, wann ich es meinem Arbeitgeber mitteilen sollte. Mit Beginn der 14. SSW beschlich mich ein ungutes Gefühl und ich konnte nicht länger damit warten. Immer mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass ich gerade nicht weiß, ob das Kleine noch „da“ ist und ob ich wirklich schwanger bin erzählte ich meinem Chef von der freudigen, aber auch überraschenden Botschaft. Schließlich hatte ich diesen Job erst im Januar begonnen. Ich rechnete mit Unverständnis, Ärger oder mindestens einem kleinen Augenverdreher. Aber nichts. Mein Chef reagierte verständnisvoll, empathisch, herzlich. Ich war sehr erleichtert nach diesem wirklich entspannten Gespräch.

Am Tag vor dem Frauenarzttermin war die Anspannung kaum noch auszuhalten. 15. Woche. Keine Krämpfe, keine Blutungen. Aber auch noch kein Gefühl, dass sich da in meinem Inneren etwas bewegt, dass das kleine Herzchen schlägt. Am Abend versuchte ich es mit Ablenkung, das klappte wunderbar. Sobald ich aber wieder Zeit hatte nachzudenken, kamen die alten Geister der Vergangenheit hoch. Die Nacht war entsprechend kurz und am Morgen darauf fühlte ich eine bleierne Müdigkeit, die meine inneren Stürme mit ihren schweren Händen niederdrückte.

Der Termin war an einem sonnigen Mittwochmorgen. Wir beschlossen das Auto in der Nähe zu parken und spazierten noch eine gemütliche Runde im Park, teilten unsere Ängste und Hoffnungen. Dann ging ich in die Praxis, während der Papa wieder draußen warten „durfte“. Merkwürdigerweise war ich total ruhig und hoffnungsvoll, als ich im Wartezimmer Platz nahm. Es fühlte sich auf einmal so klar und richtig an. Nach etwas mehr als 20 Minuten ging es in den Behandlungsraum, wo die Ärztin schon auf mich wartete. Zunächst besprachen wir, welche Symptome ich noch hatte und dass ich das Progesteron nun absetzen könne. Danach ging es auf die Liege und wie beim letzten Mal hielt ich ganz kurz den Atem an, als sie das Ultraschallgerät anschaltete.

„Bevor wir uns das Kleine anschauen noch eine kurze Frage vorweg: Wollen Sie immer noch nicht wissen, was es wird?“

„Ja, ich möchte es immer noch nicht wissen.“

Dann legte sie den Ultraschall an.

„Hier ist das Herz. Schauen Sie mal, wie kräftig es schlägt.“

Ist das nicht der Satz, den jede werdende Mama hören möchte? Ich zumindest war überglücklich und meine Sinne waren vernebelt. Alles Weitere, das Suchen nach dem Gesicht des Kleinen, die Größe des Kopfes, die Schädel-Steiß-Länge, all das war mir in diesem Moment total egal. Ich war in der 15. Schwangerschaftswoche und hatte ein schlagendes Herzchen unter Meinem. Ein kleines Wunder.

Mein persönlicher Sonnenaufgang

Gestern ganz früh morgens fuhren wir zum nächsten Kontrolltermin. Die Temperatur schlug bereits im Auto Purzelbäume. Vor knapp einer Woche erschien auf der Anzeige minus 15,5 Grad und nun, um 7 Uhr morgens, plus 10. Mir schwirrten direkt Gedanken wie Erderwärmung, Ozonloch und Umweltverschmutzung durch den Kopf, während der Bach stürmig die Berge hinunterplätscherte und an der Straße ein riesiger Schneehügel an den Winter erinnerte, den wir ja eigentlich aktuell haben sollten.

Wir fuhren also los und in der Ferne bewegte sich die gleißende Feuerkugel hinauf in den blau-orangenen Morgenhimmel. Wunderschön. Und irgendwie war ich ruhig, sicher und nur leicht nervös. Er war sichtlich angespannt und wir redeten nicht viel. Falls alles gut geht würde ich diesmal weiter sein, als beim letzten Mal. Wir schätzen, dass wir Nova in der 10. SSW verloren haben und erst in der 13. Woche begannen die Blutungen. Nun waren wir am Anfang der 11. SSW und ich hatte nur eine leichte Ahnung, was ich heute zu sehen bekommen würde. Im Internet findet man dazu alles mögliche. Aber mal ehrlich, ist es nicht am schönsten, das eigene Baby zu betrachten und will man wirklich alles vorher wissen? Kontrolle ist gut, Hoffnung ist besser.

Und nach langen 40 Minuten und einem kleinen Spaziergang durch die Altstadt standen wir dann kurz vor 8 Uhr an der Tür und, wie bereits beim letzten Mal, durfte nur ich alleine in die Arztpraxis rein. Drinnen war es leer. Nanu, wo waren sie denn alle, die Arzthelfer, Hebammen und Ärzte? Von irgendwoher hörte ich Stimmen, wollte aber auch nicht stören. Also setzte ich mich noch eine Weile auf den roten Empfangssessel, der übrigens sehr bequem ist und aus dem man nicht so leicht wieder aufstehen kann. Das solltest du im letzten Trimester vielleicht nicht machen, dachte ich ganz kurz, und dann irgendwann habe ich für meine Verhältnisse zu lange gewartet und wurde unruhig. „Guten Morgen!?“ „Oh, Entschuldigen Sie. Kommen Sie mit. Wir gehen gleich mal direkt zum Blutdruck messen und Wiegen.“ Warum erstmal nachgucken, ob alles in Ordnung ist, wenn man die Werte schonmal in den Mutterpass eintragen kann. Mensch, die Dame war ja optimistisch. Naja, ich wars ja auch irgendwie.

Und ein paar Minuten später lag ich mit angespannter Vorfreude auf der Liege. Etwas froh war ich schon darüber, dass die Ärztin ab jetzt vom Bauch aus schallte. Letztes Jahr auf der gleichen Liege in der 9. SSW sah alles gut aus. Vielleicht bringt mir die Liege jetzt auch wieder Glück. „So, dann schauen wir mal, wie es dem Mäuschen geht.“ Ich fühlte mich etwas unbehaglich mit meinem Handy in der Hand, aber ich habe versprochen ein Video von dem kleinen Bewohner zu machen. Schließlich durfte nur ich in die Arztpraxis. Aber eigentlich bin ich nicht der Typ mein Handy überall durch die Gegend zu tragen und Fotos oder Videos zu machen. Wenn ich in der Natur bin ist das etwas anderes, wunderschöne Landschaften und Eindrücke halte ich gerne mal fest.

Die Ärztin setzte das Ultraschallgerät an und wie jedes Mal hielt ich für eine Zehntelsekunde meinen Atem an. 11. Woche. Noch nie habe ich (m)ein Baby in der 11. SSW gesehen. Und da war es, still und friedlich schlummerte es in der Fruchthöhle, mit einem starken Herzschlag und allem, was dazu gehört. Zwei Arme, zwei Beine, einem Kopf, einfach alles. Was für ein wunderschönes Gefühl. Die Ärztin war sehr einfühlsam und druckte für den werdenden Papa mehrere Fotos aus und nicht nur das, sie machte zum Schluss auch einen 3-D-Ausdruck. Und es sah aus, wie ein echtes Baby, nur dass es aktuell noch sehr klein ist mit seinen 31,5 mm.

Nach ein paar weiteren Untersuchungen durfte ich ein kleines Video von unserem Baby machen, dessen Herzschlag das einer Cartoon-Figur ähnelte. Als würde es nach außen schlagen. Faszinierend! Und dann geschah etwas Unerwartetes. Das kleine Wesen machte eine Art „Ruck“. Ich dachte zuerst, dass die Ärztin mit dem Ultraschall abgerutscht ist. Doch dann meinte sie „Filmen Sie gleich mal weiter, Ihr Mäuschen ist gerade aufgewacht.“ Und tatsächlich, auf dem Monitor konnte man erkennen, wie es Arme und Füße streckte und danach seinen ganzen Körper bewegte. Damit habe ich gar nicht gerechnet. Mein Tag war gerettet!

3D-Bild in der 11. SSW. Unglaublich, was man bereits erkennen kann.

Ein kleiner Funke

Als würde die Zeit niemals vergehen, zogen sich die nächsten sieben Tage dahin wie eine verhaltene Sanduhr, deren Durchgang sich zu stark verengt und deren einzelne Sandkörner den Beobachter zum frustrierten Umherwandern aufforderten. Nach dem letzten Arzttermin war sie alles andere als geduldig und als sie dann nach einer Woche wieder im Wartezimmer saß wünschte sie sich plötzlich, die Sanduhr würde stehen bleiben.

Das Wartezimmer war immer noch steril und leer. Sie hatte Schwierigkeiten durch diese FFP2-Maske zu atmen und diesmal schien die Zeit einen grausamen Deal mit ihr gemacht zu haben. Letztes Mal, vor genau einer Woche, wartete sie knappe fünf Minuten. Doch diesmal schien die Zeit still zu stehen und sie saß immer noch hier, 30 Minuten, eine Stunde, anderthalb. Das Wartezimmer wurde zum Sinnbild der Woche und sie fragte sich, ob das Warten irgendwann mal ein Ende hat. Nicht nur hier im Wartezimmer, nein, überhaupt in diesem Leben.

Und dann überkam sie ein flüchtiger Gedanke. Haben wir verlernt zu warten? Dreht sich die Welt nicht trotzdem weiter und warum können wir nicht einfach mal „nichts“ machen. Ein „nichts“, das in Wirklichkeit nicht „nichts“ ist, denn wir bewegen uns trotzdem, in unseren Gedanken, in unseren Emotionen. Da drin ist so viel los, dass einem doch gar nicht langweilig werden kann. Wahrscheinlich haben wir aber nicht verlernt zu warten, sondern gelernt nicht auf unsere inneren Stimmen zu hören, weil wir Angst vor ihnen haben….

Das ganze Leben bestand doch schon aus Warten. Warten aufs Leben, warten aufs Sterben.

Mit diesem Gedanken rief sie die Ärztin nach insgesamt zwei Stunden zu sich ins Behandlungszimmer.

„Heute schauen wir nur einmal ganz kurz nach, ob alles in Ordnung ist.“

Ganz kurz. Auf dem Weg zum Stuhl fühlte sich dieses „ganz kurz“ wie eine Ewigkeit an und als die Ärztin den Ultraschall anlegte war da dieser kleine Moment, in dem sie den Atem anhalten musste.

„Schauen Sie mal, da ist das kleine Würmchen. Diesmal kann man es viel besser sehen und, da haben wir einen starken Herzschlag. So, das sind 13 mm. Absolut zeitgerecht für Anfang der 8. Schwangerschaftswoche. Wie schön, das wollte ich sehen.

Alles fiel von ihr ab, die Sorgen, die Zweifel und diese Ungeduld.

„Wir sehen uns dann in 4 Wochen wieder. Dann können wir auch gleich das Erstsemesterscreening machen.“

4 Wochen?! Bilder vom letzten Jahr kamen hoch, als sie in der Nacht vor der nächsten Kontrolluntersuchung starke Blutungen und Wehen bekam; und sich infolgedessen einer Not-OP im Krankenhaus unterziehen musste. Das Herz hatte mindestens zwei Wochen zuvor aufgehört zu schlagen. Nein, sie konnte nicht schon wieder 4 Wochen warten. Falls das Herzchen nicht mehr schlagen sollte dann möchte sie das bitte auch wie viele andere Frauen in der Praxis erfahren und nicht fast verbluten.

„Ich bin mir nicht sicher, ob ich so lange warten möchte. Können wir den Folgetermin auch etwas eher machen? Beim letzten Mal waren es 4 Wochen, und….“

„Ok, dann machen wir 3 Wochen daraus. Dann sind Sie in der 11. SSW und dann können wir die erste Untersuchung machen. Aber bitte tun Sie mir einen Gefallen und kommen jetzt nicht jede Woche, weil Sie sich Sorgen machen.“

Das hatte sie auch nicht vor. Erleichtert packte sie ihre Sachen zusammen.

„Ich freue mich sehr für Sie und drücke Ihnen die Daumen, dass es diesmal klappt.“

Der erste Sturm

Wenn man ganz genau hinschaut wiederholt sich sehr vieles im Leben. Und so war auch sie zum zweiten Mal in der 7. Schwangerschaftswoche angelangt. Diesmal, insbesondere ohne diese typischen Symptome, war das Warten bis zum ersten Arzttermin eine reine Odyssee. Was, wenn sich tatsächlich alles wiederholt und sie in ein paar Wochen wieder in die traurig mitleidigen Augen der Frauenärztin schauen musste. Der erste Sturm machte sich bemerkbar.

Die Tage bis zur ersten Untersuchung in der 7. Schwangerschaftswoche zogen sich bis zur Unendlichkeit hin. Dann, am Tag selber überkam sie ein Gefühl der Ohnmacht. Das Wartezimmer war still und steril. In Zeiten der Corona-Pandemie warten Frauen allein auf ihr Glück, oder Unglück. Der Geruch von Desinfektionsmitteln lag in der Luft, das Ambiente war verhalten. Trotz der aufkommenden Angst versuchte sie die Hoffnung in ihrem Herzen festzuhalten. Dann rief die Ärztin ihren Namen auf.

„Wie geht es Ihnen, haben Sie schon eine Veränderung bemerkt“?

„Eigentlich nicht, manchmal hab ich ein Ziehen an der Seite und leichte Menstruationsschmerzen, aber keine Übelkeit oder andere Anzeichen. Letztes Mal habe ich zu diesem Zeitpunkt viele Symptome gehabt.“

Die Ärztin hielt kurz inne „Wir schauen mal. Das hat nicht unbedingt etwas zu bedeuten. Machen Sie sich bitte unten rum frei.“

Auf dem Stuhl angekommen schallte die Ärztin die Gebärmutter. Gebannt starrte sie auf den Monitor vor sich, der eine Fruchthöhle erkennen lies. Und sie (Beide) atmeten auf.

„Da ist ja schon was zu sehen. Das ist die Fruchthöhle und das…. das könnte der Embryo sein.“

„Ja, das sehe ich auch. Ist alles ok? Ich kann das Herz nicht schlagen sehen“

„Ich probiere es mal von einer anderen Perspektive. Mmmh, eigentlich müsste es bereits einen sichtbaren Dottersack geben. Warten Sie mal. Manchmal sehen 4 Augen mehr als zwei.“

Die Ärztin ruft ihre Kollegin herbei, die sich nun auch die Fruchthöhle auf dem Monitor anschaut.

„Kannst du was erkennen? Gerade eben habe ich gedacht einen Embryo zu sehen, aber jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher.“

Die Kollegin schüttelt den Kopf.

Nicht schon wieder.

„Manchmal gibt es sogenannte Stubenhocker, wissen Sie. Die kann man dann so früh noch nicht finden. Ich schlage vor, dass wir heute und in zwei Tagen Blut abnehmen, um den HCG-Wert zu bestimmen und um zu sehen, ob sich der Wert erhöht. Wollen wir das so machen?“

Kaum sichtbar nickte sie hinter der Maske. Die Ärztin konnte ihre Unsicherheit spüren.

Wie oft im Leben raubt uns der Mangel an Geduld das, was wir im nächsten Augenblick hätten haben können.

Bengt Berg

„Also eigentlich müssten wir ja zumindest einen Dottersack finden. Vielleicht probieren wir es mit einer anderen Einstellung. Dieser kleine Punkt auf der anderen Seite hat eine ähnliche Struktur, wie ein Dottersack. Aber es ist so klein. Warten Sie mal.“

Die Ärztin drehte und wendete das Gerät, schob es hin und her, und fand schließlich ein kreisrundes Gebilde.

„Ich glaube das ist der Dottersack! Dann sollte der Embryo in der Nähe sein. Tut mir leid, aber ich muss an dieser Stelle mal etwa mehr drücken.“

Sie traute sich kaum auf den Monitor zu schauen. Die Ärztin hatte nun die XXL-Ansicht auf dem Bildschirm und irgendwie war da ein kleines Würmchen direkt an der Gebärmutterwand. Und, es pulsierte! Unglaublich! Aber es sah viel zu klein aus für die 7. Schwangerschaftswoche…

„Das sieht doch schon eher nach einem Embryo aus. Kannst du nochmal mit drauf schauen, ob du das auch so siehst?“

Die Kollegin kam wieder herbeigelaufen, blickte kurz auf den Monitor und nickte.

„Da das Kleine so versteckt ist, kann ich es nicht richtig ausmessen. Ich schlage vor Sie kommen nächste Woche noch einmal wieder. Wollen wir trotzdem den Bluttest machen, um zu prüfen ob sich alles gut entwickelt?“

Kurz dachte sie nach, schüttelte dann aber den Kopf. In einer Woche würde man dann sowieso sehen können, ob es gewachsen ist, meinte sie. Die Ärztin gab ihr dann noch ein Rezept für Progesteron, welches sie 3 mal täglich soll.

Mit dem Bild von dem winzigen Embryo fuhr sie nach Hause und wusste nicht, ob sie erleichtert und bedrückt sein soll.

Aber, der erste Sturm war überwunden.

Happy New Year – ein Neubeginn

So weiß und still unsere Landschaften sich dem Winter ergeben, so geben wir uns unseren Träumen und Hoffnungen im Neuen Jahr hin. Ein beinahe beruhigendes Treiben, welches durch unsere erstarrten Köpfe und verschlossenen Herzen zieht.

Loslassen, Neubeginn, Hoffnung. Große Worte, die, um sie wirklich und innig fühlen zu können, einiges an emotionaler Arbeit bedeuten. So haben wir getrauert, verziehen und uns verabschiedet. Aber niemals verdrängt oder vergessen. Nur so schlägt das zarte Pflänzchen des Neubeginns Wurzeln, um mit Kraft der Hoffnung erneut erblühen zu können.

Es vergingen einige Wochen der Trauer, bis sie bereit war weiter zu leben. Auch jetzt noch, in wenigen empfindlichen Momenten, schweben die mittlerweile gezähmten Geister der Vergangenheit durch ihren Kopf. Sie sind nur noch Erinnerungen.

Doch neben all den Geschenken unter dem Weihnachtsbaum gab es immer noch diesen einen, unbezahlbaren Wunsch nach einer gemeinsamen Familie. Fünf Wochen nach dem traurigen Ereignis waren sie wieder bereit.

Es war ein verhältnismäßig warmer Dezemberfreitag, an dem sie sich das erste Mal nach diesem schrecklichen Vorfall wieder berührten. Sehr vorsichtig, beinahe jungfräulich, war es der erste Hoffnungsschimmer in diesem Winter. Es folgten weitere Tage mit Stunden tiefster Liebe und Zuneigung.

Sie waren ohne Erwartungen, ohne Zweifel oder Sorgen. Nach den Feiertagen folgte ein neues Jahr. Ein neues Jahr, neue Hoffnung, neues Glück. Denn letzteres, so waren sie sich einig, spielte bereits beim ersten Versuch eine große Rolle.

Und vielleicht war es ihr Mut einen Neubeginn zu wagen, weiß und rein wie der Winter.

Denn am heutigen Tag hatte sie wieder so einen kleinen Papierstreifen in der Hand wie bereits im September letzten Jahres. Und wie letztes Mal zeigt er eine zarte, hauchdünne, kaum sichtbare aber doch vorhandene zweite Linie.

Mut steht am Anfang des Handelns, Glück am Ende.

Demokrit